Zusammenfassung
Die im Norddeutschen Becken vorkommenden hochsalinaren, heißen Tiefenwässer besitzen ein
beträchtliches Wärmepotential, das bisher in Neustadt-Glewe, Neubrandenburg und Waren zur
Energiegewinnung genutzt wird. Das Ziel der vorliegenden Arbeit bestand zum einen darin, die
Herkunft und die Genese dieser Solen und der in ihnen gelösten Stoffe zu rekonstruieren. Ein
zweiter Schwerpunkt bestand in der Ermittlung geochemischer Parameter, die für einen problemlosen
Langzeitbetrieb geothermischer Anlagen und somit für deren Wirtschaftlichkeit von Bedeutung
sind.
Die untersuchten Solen stammten aus Aquiferen, die durch fünf Bohrungen (Neubrandenburg,
Waren, Rheinsberg, Neustadt-Glewe, Hamburg-Allermöhe) in Tiefen von 1250 bis 3250 m (54
bis l28°C) erschlossen wurden. Alle untersuchten Na-Cl-Solen wurden aus Sandsteinaquiferen
des Keuper (Contorta!Postera-Schichten) gefördert, für die mit zunehmender Tiefe steigende
TDS-Gehalte (134 bis 224 g/1) charakteristisch sind. Die Zusammensetzung der gelösten Feststoffe
blieb über einen Zeitraum von 3 Jahren konstant. Die Br/CJ-Verhältnisse der Solen sind kleiner
als in eingedampftem Meerwasser. Dies und 811B-Werte von +23.8 %o bis +36.3 %o indizieren die
Herkunft des Salzgehaltes durch Auflösung/Laugung von Salzen.
Das Gas-Wasser-Volumenverhältnis in Proben geothermisch genutzter Solen liegt bei max. 1:10.
Die Gasphase wird von C02, N2 und CH4 dominiert, wobei der Gehalt an C02 und CH4 mit der
Tiefe zunimmt. Als Spurengase treten He, Ar, H2 und weitere Kohlenwasserstoffe auf (jeweils
<1 Vol.-%). Die Gasphase des Thermalwassers Neustadt-Giewe zeigte über einen Zeitraum von 2
Jahren keine Änderung in ihrer Zusammensetzung. Periodische Schwankungen in sehr kleinen
Konzentrationsbereichen während einer mehrtägigen Gasmeßkampagne korrelieren mit den Erdgezeiten.
Die N2-Ar-He-Verhältnisse zeigen, daß es sich um tiefzirkulierende Oberflächenwässer
handelt. Untermauert wird diese Interpretation durch die sehr niedrigen 3HefHe-Verhältnisse
(R!Ra:S;O.Ol), die keine Mantelheliumkomponente anzeigen, sowie die gegenüber Luft (295.5)
leicht erhöhten 40 Ar/36 Ar-Verhältnisse von bis zu 367.5. He-Akkumulationsalter als scheinbare
Verweildauer der Solen von 20 bis 50 Ma wurden berechnet. Das Tiefenwasser von NeustadtGiewe
besaß gegenüber den anderen Lokationen erhöhte Kohlenwasserstoffgehalte. Die 813C1,2,3-
Werte weisen auf thermogenetische Kohlenwasserstoffe und auf ein marines Ausgangsmaterial
mit einer Reife, die einer Vitrinitreflektion von etwa 1.2 % entspricht, hin. Die Herkunft aus Corgreichen
Zechstein-Sedimenten ist wahrscheinlich, organisches Material des wesentlich tiefer liegenden
Karbons scheidet als Quelle aus.
Die 8180- und öD-Werte der Wässer zeigen an, daß meteorisches Wasser bei der Genese eine
bedeutende Rolle gespielt hat. Die ermittelte isatopische Zusammensetzung der meteorischen
Komponente weicht von heutigen Niederschlagswässern ab und weist einen letztmaligen Kontakt
mit der Atmosphäre zu einer Zeit deutlich wärmeren Klimas als das heutige nach.
Die in einem Thermalwasser vorhandenen Gase können die technologische Eignung der Sole und
den Betrieb einer geothermischen Anlage maßgeblich beinflussen (Scaling, Auftreten brennbarer
Gase, Entlösung von Gasen). Bei Vorhandensein Corg-reicher Sedimente nimmt die Wahrscheinlichkeit
des Auftretens brennbarer Gase in Wässern aus größerer Tiefe, die durch ihre höhere
Temperatur wirtschaftlicher sind, zu. Um die Entgasung eines Tiefenwassers innerhalb einer Anlage
zu verhindem und somit Scaling und unkontrolliertes Entgasen zu minimieren, wurde anhand
Literaturdaten exemplarisch für den Thermalwasserkreislauf der Anlage Neustadt-Giewe (Sole
mit den höchsten Gasgehalten) ein Mindestanlagendruck berechnet. Danach sind etwa 2 bar ausreichend,
um ein Entgasen der Sole zu verhindern; Strömungseffekte erfordern jedoch eine Erhöhung
des Anlagendrucks auf etwa 4 bar.
Die zeitliche Konstanz in der Zusammensetzung der gelösten Feststoffe und der Gasphase über
einen Zeitraum von 2 bzw. 3 Jahren zeugt von einer relativ großen räumlichen Homogenität der
Aquifere, wodurch der Betrieb der Anlagen durch Änderungen in der chemischen Zusammensetzung
der Solen kaum gefährdet zu sein scheint.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit haben gezeigt, daß sowohl bei der hydrodynamischen
Vorerkundung als auch während des Betriebes eines geothermischen Heizwerkes die genaue
Kenntnis der Gasmengen und der Gaszusammensetzung von entscheidender Bedeutung ist.
Deep seated hydrothermal brines in the North German Basin have a considerable heat
potential, which is currently used for geothermal energy recovery in Neustadt-Glewe,
Neubrandenburg and Waren. One aim of this study was to reconstruct the origin of these
brines and their dissolved substances. Another goalwas to determine geochemical parameters
which are critically influence the long-term operation, and hence the econornic viability of
geothermal plants.
The brines come from aquifers which have been accessed by 5 boreholes (Neubrandenburg,
Waren, Rheinsberg, Neustadt-Glewe, Hamburg-Allermöhe) in depths from 1250 to 3250 m
(54 to 128 °C). All investigated Na-Cl-brines were produced from sandstone aquifers of the
Keuper (Contorta!Postera layers). Typically, TDS-values (134 to 224 g/1) increase with depth.
The compositions of the dissolved solids were constant during 3 years. The Br/Cl ratios of the
brines are lower than evaporated sea water. This, and 811B-values of +23.8 %o up to +36.3 %o
indicate dissolution/leaching of salt as the origin of the salt content.
The gas-water volume ratio of samples from brines used for geothermal energy recovery are
less than around 1:10. The gas phase is dorninated by C02, N2 and C~ with higher C02- and
C~ contents with increasing depths. He, Ar, H2 and other hydrocarbons exist as traces ( <1
vol.% each). The gas phase of the thermal water from Neustadt-Giewe showed no changes in
its composition during 2 years. Small · periodical variations in the concentrations obtained
from gas monitaring over several days correlate with the earth tides. The N2-Ar-He ratios
show that the waters are deep-circulating meteoric waters. This interpretation is supported by
very low 3HefHe ratios (R!Ra:S;O.Ol), which show no mantle helium, and 40 ArP6 Ar ratios up
to 367.5, which are slightly enhanced compared to air (295.5). He accumulation ages, taken as
the apparent residence time of the brines, were calculated to be 20 to 50 Ma. Compared to the
other locations the formation water from Neustadt-Giewe contained enhanced hydrocarbon
contents. The 813C1,2,3 values point to thermogenic hydrocarbons and to a marine source rock
with a maturity corresponding to about 1.2 % vitrinite reflectivity. An origin from Corg-rich
Zechstein sediments seems probable, organic material from significantly deeper-seated
Carboniferous formations can be ruled out.
The 8180 and ÖD values of the waters confirm that meteoric water played an important role in
the brine genesis. The determined isotopic composition of the meteoric component deviates
from recent precipitation and indicates a last contact with the atmosphere at a time when
climate conditions were significantly warmer than today.
Gases dissolved in thermal waters can significantly affect both the technological suitability of
a brine and the operation of a geothermal heat plant (scaling, degassing, occurence of
flammable gases). If Corg-rich sedimentary rocks occur, the probability of the occurence of
flammable gases increases in waters from larger depths, which are more economic due to their
higher temperature. The pressure needed to prevent degassing inside a plant and thus to
rninirnize scaling and uncontrolled degassing was calculated for the example of the thermal
water cycle at Neustadt-Giewe (brine with the highest gas content). About 2 bars are
sufficient to prevent degassing; however, flow effects require increasing the pressure up to
about 4 bars.
The constant composition of both the dissolved solids and gases over a period of 2 to 3 years
is a sign of a relatively large spatial uniformity of the aquifers. Therefore the continuous
operation of the plants seems unlikely to be endangered by a change in the chernical
composition of the brines.
The results of this study have shown that during the hydrodynarnic reconnaissance as weil as
during the operation of a geothermal heat plant, precise knowlegde of the gas concentration is
of essential importance.